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Atlas der Säugetiere Nordrhein-Westfalens

AG Säugetierkunde in NRW

Der Atlas zeigt Ihnen auf Basis von Topographischen Karten das Vorkommen heimischer Säugetierarten. Probieren Sie es aus.

Marderhund

Raccoon dog

Rote Liste NRW: u Ungefährdet

Nyctereutes procyonoides

Startjahr

Endjahr

 

Artfoto
Foto: Photohunter
Marderhunde erinnern aufgrund ihrer Größe und dem (braun-) grauen, langhaarigen Fell an Waschbären oder Dachse. Von diesen unterscheidet sie sich durch eine dunkle Gesichtsmaske, die zwischen den Augen durch einen meist deutlichen hellen Streif unterbrochen ist, sowie durch den ausgeprägten Backenbart. Die Ohren sind recht kurz und der dicke, nicht besonders lange Schwanz ist nicht geringelt. Die Spur eines Marderhundes ist durch die gespreizten Zehenballen gekennzeichnet, allerdings kann das auch für die Pfotenabdrücke von Füchsen und kleinen Hunden in weichem Schlamm zutreffen.
Sumpfige und nasse Wiesen mit Gehölzkomplexen und verschilfte Ufer in Teich- und Auenlandschaften sind bevorzugte Lebensräume des Marderhundes. In feuchten Laub- und Mischwäldern kommt er gleichfalls gerne vor.
Marderhunde sind Gemischtköstler. Insekten und Amphibien können im Sommer die Hälfte der Nahrung ausmachen, im Winter spielen Kleinsäuger (auch Spitzmäuse und Maulwürfe) sowie Vögel eine größere Rolle. Ferner werden Fische in austrocknenden Gewässern gerne gefressen, genauso wie pflanzliches Material, Abfälle und Aas. In Möwenkolonien können Marderhunde zu Eierräubern werden. Der Marderhund wird oft als eine Plage für die heimische Fauna angesehen. Diese Einschätzungen sind aber häufig übertrieben, denn als Allesfresser wird er nur gelegentlich und lokal Schäden in der heimischen Tierwelt anrichten können und es gibt keine Hinweise darauf, dass sich durch die Anwesenheit des Marderhundes die heimische Artenvielfalt nachteilig verändert. Gebiete mit bedrohten am Boden brütenden Vögeln können hier eine Ausnahme darstellen. Allerdings ist denkbar, dass angesichts der Überschneidungen bezüglich seiner Jagdmethode und Nahrung sowie seiner Verstecke mit denen von Waschbär, Dachs und eventuell auch Fuchs Konkurrenzsituationen mit diesen Arten möglich sind.

Die Art kommt natürlicherweise in Ostasien vor und zwar vom winterkalten Ostsibirien bis in den tropischen Norden Vietnams. Wohl aus dem sibirischen Teil seines Verbreitungsgebietes wurden Marderhunde ab 1928 in weiten Bereichen des europäischen Teils der ehemaligen Sowjetunion angesiedelt, um so leichteren Zugriff auf dieses Pelztier zu haben. Von hier breitete sich die Art nach Skandinavien, im Süden bis ins Donaudelta und nach Westen aus. Anfang der 1960er Jahre erfolgten die ersten Nachweise in Deutschland. Wenn auch bereits in den nordrhein-westfälischen Streckenberichten des Jagdjahres 1984/85 die Art auftaucht, gibt es doch erst aus den 1990er Jahren belegte Feststellungen vom Marderhund in diesem Bundesland. Heute gehören Marderhunde in wenigstens 27 von 54 Kreisen und kreisfreien Städten zur (gelegentlichen) Jagdstrecke. Dabei stammen alleine 114 von 215 Marderhundmeldungen seit 1985 aus den Kreisen Lippe, Paderborn und Höxter. Während man 1996 in den Niederlanden den Marderhund noch nicht kannte, liegt inzwischen aus den an NRW angrenzenden Teilen des Nachbarlandes eine Reihe von Feststellungen von meist überfahrenen Stücken vor.

Literatur:

  • DJV (2006): Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands, Ergebnisse 2006. Deutscher Jagdschutz-Verband e. V., Bonn. www.jagdnetz.de.
  • KAUHALA K (1999): Nyctereutes procyonoides (Gray, 1834). In: MITCHELL-JONES A J, AMORI G, BOGDANOWICZ W, KRYSTUFEK B, REIJNDERS BJH, SPITZENBERGER F, STUBBE M, THISSEN JBM, VOHRALIK V, ZIMA J (1999): The Atlas of European Mammals. Poyser, London.
  • LANGEMACH T, BELLEBAUM J (2005): Prädation und der Schutz bodenbrütender Vogelarten in Deutschland. Vogelwelt 126: 259-298.
  • LINDEROTH P (2005): Marderhund Nyctereutes procyonoides (GRAY, 1834). Im: BRAUN M, DIETERLEN F (Hrsg.): Die Säugetiere Baden-Württembergs. Band 2. Ulmer, Stuttgart.
  • LJV 2008: http://www.ljv-nrw.de/presse/zahlen.php.
  • NOWAK E (1993): Nyctereutes procyonoides Gray, 1834 - Marderhund. In: NIETHAMMER J, KRAPP F (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas, Wiesbaden. Bd. 52/I, Raubsäuger I.
  • OERLEMANS M, KOENE P (2008): Possible implications of the pesence of the raccoon dog (Nyctereutes procyonoides) in the Netherlands. Lutra 51: 123-131.
  • STUBBE M (1989): Marderhund Nyctereutes procyonoides (Gray). In: STUBBE H (Hrsg.) Buch der Hege Band 1 Haarwild. Berlin.

Textautor

Henning Vierhaus

Empfohlene Zitierweise

Vierhaus H (2024): Marderhund (Nyctereutes_procyonoides).In: AG Säugetierkunde NRW — Online-Atlas der Säugetiere Nordrhein-Westfalens. Heruntergeladen von saeugeratlas-nrw.lwl.org am 21.11.2024

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