Atlas der Säugetiere Nordrhein-Westfalens
AG Säugetierkunde in NRW
Der Atlas zeigt Ihnen auf Basis von Topographischen Karten das Vorkommen heimischer Säugetierarten. Probieren Sie es aus.
Waschbär
Procyon lotor
Startjahr
Endjahr
Der Waschbär ist eine Säugetierart aus der Familie der Kleinbären (Procyonidae). Er erreicht eine Körperlänge von ca. 70 cm und ein Gewicht von bis zu 10 kg. Charakteristisch für ihn sind der buschige Ringelschwanz und die kontrastreiche dunkle Gesichtsmaske, die ihm eine oberflächliche Ähnlichkeit mit ähnlich großen, aber nicht näher verwandten Arten wie Marderhund und Dachs verleiht. Der dämmerungs- und nachtaktive Waschbär ist für seine große Anpassungsfähigkeit an höchst unterschiedliche Lebensräume bekannt. Als ökologische Generalisten und Opportunisten sind Waschbären in der Lage räumlich und zeitlich unvorhersehbare Ressourcen zu entdecken und zu nutzen. Waschbären bevorzugen eine Umgebung in der sie Fluchtmöglichkeiten, Nahrung und Unterschlupf finden. Trockengebiete und reine Nadelwälder gelten hingegen nicht als bevorzugte Waschbär-Habitate.
Ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika stammend ist er in Europa ein Neubürger. Nachdem seit Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder einzelne Waschbären aus Pelzfarmen entkommen waren, die sich jedoch nie fest angesiedelt hatten, wurden im Jahre 1934 dann zwei Waschbär-Paare am Edersee in Hessen ausgesetzt. Diese Freilassung legte den Grundstein für die heutige stabile Population dieser Kleinbärenart im mittleren und westlichen Deutschland. Auch Farmflüchtlinge, die um 1945 im Kreis Strausberg östlich von Berlin entkommen waren, konnten sich ebendort dauerhaft ansiedeln. Von diesen zwei Gebieten aus begann sich der Waschbär nahezu konzentrisch auszubreiten. Der Erstnachweis eines erlegten Waschbären in Westfalen stammt aus dem Jahre 1946 aus dem Forst Glindfeld bei Medebach im Hochsauerlandkreis. Bis Ende der 1960er Jahre gelang es dem Waschbären, das südwestfälische Bergland sowie südliche Teile Ostwestfalens zu besiedeln, doch auch im Norden und Westen Westfalens gab es einzelne Nachweise.
Der Waschbär wurde inzwischen in vielen Gemeinden in ganz Nordrhein-Westfalen nachgewiesen. Die Häufigkeitsunterschiede in den einzelnen Landesteilen sind jedoch beachtlich. Die mit Abstand höchsten Dichten werden in Ostwestfalen-Lippe und im Süderbergland erreicht. In den zur norddeutschen Tiefebene gehörigen Teilen sind die Dichten auffallend gering, obwohl man annehmen könnte, dass es auch dort in den vergangenen Jahrzehnten ausreichend Zeit zum deutlichen Populationswachstum gegeben hätte. Für eine aktuelle Zunahme in diesen Bereichen, wie etwa in der Westfälischen Bucht, gibt es derzeit keine belastbaren Hinweise. Möglicherweise ist die parkartige Landschaftsstruktur mit ihren Feldgehölzen und den oft fehlenden alten Baumbeständen suboptimal, so dass hier keine höheren Dichten erreicht werden.
Literatur:
- BERGER M (1984): Waschbär - Procyon lotor (Linnaeus, 1758). In: SCHRÖPFER R, FELDMANN R, VIERHAUS H (Hrsg.): Die Säugetiere Westfalens. Abh. Westf. Mus. Naturkde. 46: 278-283.
- HOHMANN U, BARTUSSEK I (2011): Der Waschbär. Reutlingen.
- HOLTMEIER F-K (2002): Tiere in der Landschaft. Einfluss und Ökologische Bedeutung. Stuttgart.
- KAMPMANN H (1972): Der Waschbär in Deutschland. Dissertation. Georg-August-Universität Göttingen.
- MICHLER F-U, KÖHNEMANN BA (2009): Maskierte Langfinger auf dem Vormarsch - Waschbären in Mecklenburg-Vorpommern. Aktueller Wissensstand über potentielle Auswirkungen der Waschbärenbesiedlung und Hinweise zur Bejagung. In: Stubbe M, Böhning V (Hrsg.): Neubürger und Heimkehrer in der Wildtierfauna: 51-61.
- STUBBE M (1993): Procyon lotor (Linné, 1758) - Waschbär. In: NIETHAMMER J, KRAPP F (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas, Wiesbaden. Band 5: 331-364.
Textautor
Franziska Klauer und Jan Ole Kriegs
Empfohlene Zitierweise
Klauer F, Kriegs JO (2024): Waschbär (Procyon lotor).In: AG Säugetierkunde NRW — Online-Atlas der Säugetiere Nordrhein-Westfalens. Heruntergeladen von saeugeratlas-nrw.lwl.org am 21.12.2024